Darsteller*innen mit Beeinträchtigungen

In den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstand eine künstlerisch-soziale Bewegung, die ihre elementaren Impulse aus der italienischen Antipsychiatriebewegung um den Psychiater Franco Basaglia erhielt. Künstlerinnen und Künstler in der Tradition des Theaterregisseurs und Autors Artaud und des Theaterreformers Jersey Grotowski, in dessen Laboratorium ich wichtige Anregungen bekommen hatte, wandten sich an die aus Psychiatrien entlassenen Patienten. In Triest konnte ich den Aufbruch aus großer Nähe miterleben. Durch künstlerische Projekte und Aktionen wurden Menschen in eine freiheitliche, von Selbstbestimmung erzählende Welt begleitet. Kunst und Behinderung waren keine sich ausschließenden Begriffe mehr. Grenzen galt es zu überschreiten. 
Ende der 80-Jahre, selbst von dieser Bewegung angesteckt, gründete ich das Theater Thikwà (hebräisch: Hoffnung-Verknotung-Lösung), ein Theater mit Menschen mit Behinderungen in Berlin, welches ich zusammen mit Gerlinde Altenmüller und Matthias Maedebach aufbaute.

Ein Darsteller mit Down Syndrom inspirierte ein künstlerisches Werk, welches mich bis heute bewegt.

„ Ich bin die Zeit, die über die Bühne rollt“

Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen agieren zusammen mit Darstellenden Künstlerinnen und Künstlern auf einer gemeinsamen Bühne. Alle Spielpartner sind gleichermaßen herausgefordert, dem produktiven Eigensinn Raum zu geben. Meine Stücke entstehen aus großer Nähe zu den Darstellenden. Regelmäßig erscheint das Ergebnis in der Öffentlichkeit, um auf diese Weise den Zugang zu Kunst und Kultur für alle Beteiligten zu ermöglichen. Ein neuer Blick auf ‚normal’ und ‚andersartig’ wird möglich. Aus Ungleichen werden Dialogpartner.

Theater mit Menschen mit Behinderungen in Berlin - Kunst –                     Behinderung - Darsteller mit Behinderungen
© Michael Hanemann